Wer Nordvietnam bereisen möchte, kommt an zwei Namen kaum vorbei. Einerseits lockt Sapa seit Jahren mit eindrucksvollen Reisterrassen und Bergpanorama viele Touristen in die Region und auf der anderen Seite ist das erst in den letzten zwei Jahren touristisch erschlossene Ha Giang. Wir haben uns für eine viertägige Tour durchs Ha Giang Gebirge entschieden, die mit einem Nachtbus von Hanoi aus startet.
Um acht Uhr Abends werden wir direkt im Hotel abgeholt und werden anschliessend fast zwei Stunden durch Hanoi gefahren um weitere Gäste abzuholen. Jeder Gast fragt die andern wo es nun hin geht und wer, wie, wo hin muss. Anscheinend haben alle kaum Informationen zum Transfer und den nächsten Stunden erhalten und der junge vietnamesische Fahrer spricht kein Englisch. Auf einmal halten wir mitten auf der Autobahn und steigen in einen grösseren «Sleeper Car» um. Hier sind bereits viele Passagiere an Bord und liegen in den nicht wirklich gemütlich wirkenden Liegesitzen. Wir finden unseren Platz ganz zu hinterst im Fahrzeug und versuchen die nächsten Stunden etwas Schlaf zu finden. Gar nicht so einfach, wenn fünf Personen nebeneinander liegen und immer wieder hin und her geschleudert werden. Zudem trägt das viele Gehupe unseres Fahrers auch nicht zum Eindösen bei. Um fünf Uhr morgens kommen wir schliesslich in Ha Giang an und können uns noch kurz einige Stunden in einem Hostel ausruhen. Kien, unser Guide, begrüsst uns beim Frühstück und erklärt uns seinen Plan für die nächsten Tage. Er zeigt uns die Karte der Region und deutet auf den Rundkurs durch die Berge, den wir befahren werden.
Anschliessend beginnt unsere Reise auf den Motorrädern. Geplant ist an diesem Tag ca. 100km rund um Ha Giang und dann nach Quan Ba zu fahren. Der Verkehr hält sich in Grenzen und wir fahren über verhältnismässig gute Strassen mit nur wenigen Schlaglöchern. Das Tempo scheint zu passen, denn Kien findet genügend Zeit, um bei vielen kleinen Pausen sein Wissen über die Region zu vermitteln.

Nach etwa der Hälfte unseres Tagesziels stoppt Kien auf einer Passstrasse und zieht mit seinem Finger eine Linie in die Landschaft. Alles hinter dieser virtuellen Grenze gehört zum UNESCO National Geopark.



Unsere erste Nacht auf dem Ha Giang Loop verbringen wir in einem sehr einfachen Homestay bei einer netten Familie in einem kleinen Dorf. Sie gehören zum sogenannten «Hmong Volk», tragen traditionelle Kleider und sind vorwiegend in der Landwirtschaft tätig.




Zusammen mit Kien geniessen wir ein Bierchen auf der Terrasse des Hauses und begrüssen kurz darauf unseren Gastgeber. Er spricht nur vietnamesisch, scheint aber ein sehr geselliger und fröhlicher Mensch zu sein. Sofort schliesst er sich uns an und trinkt mit. Bei dem gemütlichen Beisammensein lernen wir viel über die Kultur der Hmong und lernen, wie wir uns richtig verhalten. Zum Beispiel, dass man sehr oft miteinander anstosst und vor älteren Personen aus Respekt den Blick senkt. Beim anschliessenden Abendessen zusammen mit der ganzen Familie und weiteren Gästen geniessen wir lokale Köstlichkeiten und vor allem viel „Happy Water“. Aus Shotgläsern wird der Reiswein immer zum Essen getrunken und das üblicherweise in grossen Mengen.

Die Nacht in dem traditionellen Haus ist sehr kalt, da die Wände aus Holzbalken bestehen und die Temperatur draussen nur 11 Grad beträgt. Der nächste Morgen beginnt ähnlich frisch, aber mit einem leckeren Frühstück. Gleich danach setzten wir uns auf die Motorräder, damit wir die 140km an diesem Tag auch rechtzeitig schaffen. Die Landschaft, durch die wir fahren, ist einmalig. Berge, Flüsse und natürlich überall Reisfelder so weit man sehen kann.

Pass für Pass fahren wir hoch und wieder hinunter, bis wir zu einem Aussichtspunkt gelangen, der direkt oberhalb eines Flusses liegt. Der Tu San Canyon ist gigantisch und Kien erzählt uns, dass dieser der grösste in ganz Ostasien sei. Beeindruckt setzen wir uns mit einem wärmenden Tee auf die Terrasse eines Kaffes und geniessen den atemberaubenden Anblick.

Bis zur Unterkunft ist es zum Glück nicht mehr weit, denn wir sind durchgefroren und sehnen uns nach einer warmen Dusche im Hotel. Mit den tiefen Temperaturen haben wir zwar gerechnet, jedoch haben wir praktisch keine Kleidung dafür eingepackt.
Der dritte Tag beginnt mit etwas Sonnenschein und der Besichtigung eines alten Herrenhauses in den Bergen. Hier lebte einst der „König des Nordens“, der sein Vermögen mit Opium gemacht hat. Lange Zeit war die Region hier in Dong Van vor allem im Opiumanbau tätig und exportierte dieses bis weit über die vietnamesischen Grenzen hinaus.

Vor uns liegt die längste Strecke unserer Rundreise: 150km zurück bis Ha Giang. Leider ist die Sicht auch an diesem Tag nicht ideal und daher bleibt uns oft der Anblick auf das schöne Karstgebirge verwehrt. Trotzdem ist die Fahrt enorm spannend und abwechslungsreich. An jedem der letzten Tage konnte wir unterschiedliche Landschaften und Leute bestaunen, die zum Teil in einfachsten Verhältnissen leben.



Zurück in Ha Giang steht die letzte Nacht in einem weiteren, diesmal sehr modernen, Homestay an. Bereits beim Abendessen hören wir eine Gruppe Holländer, die eine Geburtstagsparty im oberen Stock feiern. Immer mehr der Truppe gesellen sich später zu uns an den Tisch und bald darauf befinden wir uns mitten in der Party. Gröhlend und singend wird bis spät gefeiert und selbst die von uns gehasste Karaokemaschine kommt durchgehend zum Einsatz. Sogar von uns!

Am nächsten Tag wäre eigentlich ein Trekking von 16km angedacht. Doch weder wir noch unser Guide sind aus dem Bett gekommen. So starten wir erst spät zu einem verkürzten Katerspaziergang und speisen anschliessend in der Unterkunft zu Mittag. Mit dem gemütlichen Bus unserer Reiseorganisation geht es am Nachmittag zurück nach Hanoi. Dort werden wir eine weitere Nacht bleiben, bevor es dann zur berühmten Halong Bay geht.

