Unsere letzte Destination auf Borneo befindet sich an der Ostküste Sabahs bei Semporna. Bereits im Reiseführer werden wir vorgewarnt, «dass man Semporna am liebsten links liegen lassen will, wären da nicht die einzigartigen Tauchreviere, die zu den besten der Welt gehören». Es stellt sich heraus, dass diese Vorwarnung nicht von ungefähr kommt. Die Stadt ist leider so verschmutzt, wie wir es sonst nie auf der Reise gesehen haben. Beim kleinen Spaziergang zum Meer, laufen wir über einen Steg und können vor lauter Abfall den Meeresboden nicht mehr sehe. Semporna ist auch sehr von Armut betroffen und es gibt viele bettelnde Kinder, die nach Geld oder Essen fragen. Ein Taxifahrer erklärt uns, dass relativ viele Menschen illegal von den direkt nordöstlich angrenzenden Philippinen einwandern. Trotz allem hat sich Semporna in den letzten zwei Jahrzenten zur chinesischen Touristenhochburg entwickelt und dies vor allem wegen den Tauchrevieren. Bei unserem kleinen Spaziergang bemerken wir schnell, dass wir als Europäer hier definitiv die Exoten sind: viele schauen uns neugierig an, grüssen uns oder winken uns freundlich zu. Wir versuchen zwar, die schöneren Seiten von Semporna zu finden, aber ausser einem Essensmarkt und der Uferpromenade (welche voller chinesischer Restaurants und diversen Fischmärkten ist) werden wir nicht wirklich fündig. An einer Ecke entdecken wir eine Art Kleidermarkt, wo die Leute mit uralten Singer Maschinen Kleider nähen. Dort kann Sändy endlich ihren Sarong (für 1 Fr.) reparieren lassen, der unterwegs einen Riss gekriegt hat.
Wir beziehen unsere Unterkunft und haben endlich wieder einmal gutes Wlan, welches wir ausnutzen wollen, da die Stadt sonst leider kaum etwas zu bieten hat. Wir bleiben sowieso nur eine Nacht hier, denn morgen geht es aufs Meer hinaus! Über eine hieransässige Reiseagentur «BikeandTours», welche ein Schweizer führt und uns von anderen Reisenden empfohlen wurde, konnten wir nämlich Last-Minute einen Kurztrip zu einer der vorgelagerten Inseln buchen und zwar nach Pom Pom Island. Wir haben sehr lange überlegt, ob wir diesen Inselaufenthalt buchen wollen, denn es ist sehr teuer, ähnlich wie die Malediven. Nach langem hin und her haben wir uns dann, aufgrund der Tauchreviere, dafür entschieden: wenn wir schon da sind, dann wollen wir es auch auskosten und buchen das 2 Nächte/3 Tage Arrangement. Über Booking oder andere Plattformen ist das Hotel übrigens nicht buchbar. So werden wir gegen Mittag abgeholt und fahren mit dem Speedboat zur ca. 45 Minuten entfernten Insel. Wir sind sehr froh, können wir die Stadt hinter uns lassen können und sind noch etwas skeptisch, ob dieser Aufenthalt wirklich so schön wird, wie angepriesen und ob es das Geld wert sein wird. Von weitem entdecken wir bereits ‘unsere’ Insel und legen am vorgelagerten Holzsteg an, wo sich auch bereits die ersten Wasserbungalows befinden. Mit grossen Augen werfen wir einen Blick ins Wasser hinunter und siehe da: kristallklares Wasser und bereits vom Steg aus sehen wir bunte Korallen, Feuerfische und dergleichen! Uiii, das könnte toll werden… hoffen wir mal, dass das Hotel auch einigermassen okay ist.
Wir werden freundlich beim riesigen Pavillon empfangen und erhalten bereits eine weitere gute Nachricht: wir erhalten ein Zimmerupgrade vom Gartenbungalow zum Strandbungalow – juhui! Das nehmen wir natürlich sehr gerne an und begeben uns sogleich zu unserem Bungalow. Wir erfahren, dass die Unterkunft zurzeit nur von ca. 30 Personen beherbergt. Vor Corona waren hier ca. 150-200 Gäste üblich, doch der Tourismus fängt hier erst langsam wieder an. Die Strandbungalows sind sehr grosszügig gebaute Holzhäuschen direkt am Strand umgeben von weissem Sand und Palmen. Unsere Stimmung hebt sich mit jeder Minute in der wir hier sind mehr!
Nach dem Bezug des Zimmers geht’s zurück ins Pavillion, um am grossen Buffet Mittag zu essen. Mal schauen, ob es hier auch ein paar gute vegetarische Optionen hat. Wir werden freundlich zu unserem Tisch begleitet und der Kellner teilt uns mit, dass die vegetarischen Gerichte demnächst serviert werden (die Reiseagentur hatte dies bereits so vorangemeldet). Wie sich herausstellt, wird Benji für die nächsten 3 Tage im kulinarischen Himmel schweben: jedes Mal erhalten wir 4 Platten vegetarisches Essen, das wir als eines der besten Vegi-Essen von Asien einstufen! Mit dem hätten wir nicht gerechnet, denn oft erhalten wir auch sehr kreative Fleischersatzprodukte, wie wir sie vorher noch nie gesehen haben.
Am Nachmittag schnappen wir unsere Schnorchelausrüstung und laufen ans Ende des Piers, um ins kristallklare Wasser zu hüpfen. Schon nach einer Minute sehen wir einen Schwarm Batfish und 5 Feuerfische. Wir manövrieren uns vorsichtig um die Fische herum, denn das Wasser ist beim Steg nur ca. 2m tief und gelangen dann zur Riffkante. Dort schnorcheln wir am liebsten, denn so hat man einerseits das Riff in direkter Nähe und kann trotzdem auch weiter runter und ins Blauwasser schauen (für den Fall, dass ein grösseres Tier vorbei schwimmt). Nach einer Weile zieht Sändy nervös an Benjis Arm, denn sie hat eine Meeresschildkröte entdeckt – und zwar keine kleine! Es wird nicht bei dieser einen bleiben und wir entdecken weitere 4 Schildkröten, die gemütlich relativ nah von uns durchs Riff schwimmen. Wow! Wir finden heraus, dass hier die vom Aussterben bedrohte Green Turtles und Karettschildkröten oft ihre Eier am Strand ablegen und demnach des Öfteren anzutreffen sind. Wir sind sehr beeindruckt von ihrer Grösse, denn ihr Panzer ist locker 1m lang. Wir sind begeistert vom Riff und seinem Artenreichtum und lassen den Tag auf den Liegestühlen und in unserer Hängematte vor unserem Bungalow ausklingen.
Für den nächsten Tag konnten wir einen Schnorchel- und Tauchtrip organisieren. Zusammen mit einer anderen Familie besteigen wir das Boot und begeben uns zum ersten Schnorchelplatz bei der Nachbarsinsel Matakin. Sofort nachdem wir ins Wasser gesprungen sind und uns mit unserer Taucherbrille umsehen, wird für uns schnell klar: das ist wahrscheinlich das schönste Riff, das wir je gesehen haben. Wir beide sind ja schon an einigen Orten getaucht oder geschnorchelt (z.B. Ägypten, Australien, Costa Rica, Maledive etc.), aber das, was wir hier sehen, ist absolut einmalig. Das Riff ist so farbig, hat eine so grosse Vielfalt an Hart- und vor allem Weichkorallen, wie wir es noch nie zuvor gesehen haben. Die Sichtweite ist aufgrund des kristallklaren Wassers so gut, dass wir bis weit in die Tiefe blicken können. Mit dem haben wir nicht gerechnet! Wir haben zwar im Vorfeld wie gesagt gelesen, dass das Dreieck bei Sipadan zwischen Indonesien, Malaysia und Indonesien zu den artenreichsten marinen Lebensräumen der Welt zählt, doch wenn man es dann mit eigenen Augen sieht, dann ist das nochmals etwas ganz anderes. Wir können unser Glück kaum fassen und versuchen, jeden Moment in uns aufzusaugen.
Etwas später machen wir einen kurzen Zwischenstopp bei einer Sandbank in der Nähe von Timba-Timba Island, wo wir die Drohne fliegen lassen. Wir glauben, dass wir diesen Fleck Paradies nicht weiter beschreiben müssen, denn die Bilder sprechen für sich!
Gleich in der Nähe dieser Sandbank liegt auch unser nächster Wasserstopp: jetzt ist Tauchen angesagt! Zusammen mit dem Guide taucht Sändy der Riffkante entlang, während Benji schnorchelnd die beiden von oben beobachtet und begleitet. Selbst in rund 20m Tiefe ist das Riff wunderschön und die beiden Taucher entdecken sogar zwei der seltenen Ghostpipe Fische, welche wie ein Mix aus Seepferdchen und Seegras aussehen und schwer zu finden sind. Immer wieder stellen wir Blickkontakt her und zeigen einander trotz der grossen Distanz zwischen uns Dinge, die wir erblicken. Insgesamt sehen wir 7 Meeresschildkröten, die sich zwischen uns im Riff tummeln und friedlich fressen. Erneut freuen wir uns darüber, dass wir nach Pom Pom Island gekommen sind und so viel Schönes sehen und erleben dürfen.
Die restliche Zeit auf der Insel verbringen wir mit Lesen, Strandspaziergängen und Schnorcheln direkt vor unserer Haustüre. Wie wir ganz am Schluss feststellen, befindet sich übrigens keine 10m vor unserem Bungalow ein grösseres Meergrasareal, wo die Schildkröten das Gras fressen. Wär hätte gedacht, dass sie sich wahrscheinlich die ganze Zeit über so nah von uns aufgehalten haben. Wir sind froh, dass wir den Inseltrip gebucht haben und es war definitiv jeden Franken wert. Wir versuchen, all die schönen Inselmomente zu speichern und werden Pom Pom Island lange in Erinnerung behalten!
Unsere Zeit auf Borne ist nun leider vorbei und für uns geht es zurück nach Malaysia. All die einzigartigen Tierbegegnungen, die spannenden Gespräche mit den Einheimischen und unsere Erlebnisse auf der drittgrössten Insel der Welt, sind nicht selbstverständlich. Wir haben zudem sehr viel in unserer Zeit hier gelernt und unsere Sicht auf gewisse Dinge hat sich verändert. Wir haben vernommen, dass auch die hiesige Bevölkerung ständig dazu lernt und die Natur mehr und mehr versteht. Bei vielen unserer Begegnungen konnten wir beispielsweise erfahren, dass die Palmölplantagen nicht nur Fluch, sondern auch Segen sind. Trotzdem ändert sich das Bewusstsein immer mehr in eine nachhaltige Richtung, die hoffentlich die Einzigartigkeit der Flora und Fauna auf Borneo noch für viele Generationen erhält.