Den Süden von Vietnam können wir leider nur noch punktuell bereisen, da unser Visa auf dreissig Tage begrenzt ist. So beschliessen wir per Flugzeug von Da Nang nach Ho Chi Minh City zu fliegen und dort einige Nächte zu bleiben.
Bereits beim Anflug werden die Dimensionen von HCMC sichtbar. Die Stadt ist enorm gross und weitläufig. Ihr Zentrum besteht aus mehreren Distrikten mit riesigen Hochhäusern und dennoch ist die Kultur Vietnams an jeder Ecke zu finden. Neben modernen Läden und Markengeschäften finden wir immer wieder typisch vietnamesische Küchen und Imbissstände sowie viele lokale Märkte. Besonders angetan sind wir vom Café Apartment, einem mehrstöckigen Haus indem sich insgesamt 40 Cafés mit gemütlichen und klimatisierten Räumen Gäste anziehen. Eine willkommen Abkühlung, denn die Temperaturen hier im Süden sind sehr hoch. Gleichzeitig widerspiegelt das Gebäude Vietnams Kaffeekultur, denn die ist wirklich sehr ausgeprägt und sehr zu empfehlen.
Neben vielen Gebäuden im Kolonialstil gehört hier vor allem das Kriegsmuseum zur Touristenattraktion. Hier werden auf mehreren Etagen duzende Bilder zu den Geschehnissen in zeitlicher Reihenfolge gezeigt. Zudem sind auch spezifische Ausstellungen zu einzelnen Themen, wie der Friedensbewegung in Amerika oder dem Einsatz von Agent Orange, zu sehen. Zu den in Hué studierten Ereignisse erhalten wir hier den bildlichen Eindruck, was uns teilweise sehr berührt und doch etwas überfordert.
Auch viele Ausstellungsstücke wie Gewehre, Munition, Bomben oder Fahrzeuge aller Art können die Besucher hier in einem Rundgang besichtigen. Man kann sich kaum vorstellen, dass der Panzer oder die Bombe vor der man steht vor kurzem hier zum Einsatz gekommen ist. Eine separate Attraktion ist in angrenzenden Containern aufgebaut worden. Hier wird sehr realistisch gezeigt, wie Gefangenenlager funktionierten und wie diese ausgesehen haben. Eindrücklich ist auch die angebrachte Karte, die zeigt, wie viele solcher Horrororte in ganz Südvietnam errichtet worden sind, unter anderem auf der Insel Phu Quock, die wir als nächstes bereisen.
Nach den vielen Eindrücken vom Nachmittag versuchen wir den Kopf über den Wolken wieder etwas frei zu kriegen und besuchen die höchstgelegene Bar der Stadt im Finanzgebäude. Ein riesiger Turm mit Helikopterlandeplatz und über 60 Etagen. Die Aussicht ist einmalig. In der Dämmerung ist rund um uns ein riesiges Häusermeer zu sehen, welches nach und nach in ein gigantisches Lichtermeer übergeht.
Für den nächsten Tag ist eine Tour in das Mekongdelta geplant. Mit dem Bus geht es direkt ab dem Hotel aus der Stadt, bis wir bei einem der riesigen Flussläufe des Mekongs angelangen. Der Fluss entspringt in China und durchquert Myanmar, Thailand, Laos, Kambodscha und endet in Vietnam. Hier teilt er sich in mehrere Läufe auf und fliesst ins Meer. Die dunkelbraunen Wassermassen werden von sehr vielen Booten befahren und an den Ufern sind schwimmende Häuser mit darunterliegenden Fischzuchten. Auch wir geniessen eine kurze Bootsfahrt bis wir in kleinere Ruderboote umsteigen um durch die engen Kanäle zu einer Bienenfarm sowie zu einer Süssigkeitenfabrik zu gelangen. Hier wird aus Kokosnussfleisch und Zucker die traditionellen Bonbons in verschiedenen Geschmacksrichtungen gemacht. Natürlich alles von Hand und unter sehr bescheidenen Verhältnissen. Danach gehts auf die Velotour durch Reisfelder.
Unsere letzten Tage in Vietnam wollen wir auf der Insel Phu Quoc verbringen. Von mehreren Reisenden haben wir gehört, dass sich ein Besuch lohnen soll und die Strände wunderschön sein sollen. Ab Ho Cho Minh fliegen wir lediglich eine Stunde ganz in den Süden direkt an die Grenze zu Kambodscha auf die vorgelagerte Insel. Unser Resort ist etwas Abseits von den riesigen Hotelanlagen gelegen und hat nur wenige Bungalows. Von der Rezeption können wir bereits quer durch den Garten den grossen Pool sehen und direkt dahinter schimmert das Meer durch die Palmen. Wir freuen uns auf einige gemütliche Tage am Strand und geniessen die schöne Aussicht, das Bier und das leckere Essen in vollen Zügen.
Zwei Tage können wir uns kaum von dem kleinen aber wunderschönen Strand lösen und so kommen wir erst an unserem dritten Tag dazu, die Insel mit dem Roller zu erkunden. Mit dem gemieteten Roller fahren wir von unserem Resort in den Süden und besuchen unterwegs eine Perlenfarm, wo die Perlen direkt vor Ort gezüchtet, verarbeitet und verkauft werden. Zudem werden aus uralten Muscheln durch Feinstarbeit Kunstwerke gemeisselt.
Auf der Tour fällt uns auf, dass viele Strände und Strassen ziemlich stark von Plastik verschmutzt sind. Dies ist uns auch schon vorher in anderen Teilen des Landes aufgefallen. Vietnam steht punkto Umweltschutz noch in der Kinderschuhen. Das Land und die Leute werden noch einige Herausforderungen diesbezüglich zu meistern haben und ein Umdenken wird hoffentlich bald stattfinden. Doch aufgrund Vietnams langer Kriegsgeschichte ist es irgendwo auch verständlich, dass das Land den Fokus vorerst aufs Wachstum gesetzt hat…
Im Süden befindet sich eines der zuvor in HCMC gesehenen Gefängnisse. Kostenlos betreten wir die Anlage, welche von mehreren hohen und mit Stacheldraht versehenen Zäune umgeben ist. Dahinter stehen 18 Baracken dicht nebeneinander und dennoch mit Zäunen voneinander getrennt. Auf dem Hof befinden sich einige Folterkäfige, die nur etwa 40cm hoch sind und darin liegen menschliche Puppen. Die Sonne brennt auf uns herab und es ist enorm heiss. Kaum zu denken, wie sich hier einst Szenen wie die dargestellte Situation zutrugen. Auch in den Baracken befinden sich überall Puppen, die die Lebensumstände an diesem Ort versuchen darzustellen.
Wir setzen die Fahrt Richtung Norden fort und kommen nach einer langen Fahrt entlang dem Meer an unseren nächsten Halt. Hier wollen wir eigentlich eine Pfefferplantage besichtigen, denn der Pfeffer, den wir in Südvietnam bislang gegessen haben, schmeckte uns sehr und nun wollen wir etwas über dessen Produktion erfahren. Doch leider kommt alles anders als gedacht. Erstmals auf unserer Reise stehen wir vor einer verschlossenen Türe wegen des Coronavirus. Bislang haben wir uns einigen Kontrollen, wie etwa bei Restaurantbesuchen eine Fiebermessung, unterziehen müssen, aber noch nie war eine Attraktion geschlossen gewesen. Nach der Tour gönnen wir uns vom Früchtemarkt eine wahnsinnig saftige Mango, die so gross wie Benjis Hand ist. Ein wahrer Gaumenschmaus!
Tags darauf werden wir dann noch etwas mehr durch das Virus beschäftigt. Gemütlich liegen wir am Strand und wollen die Flüge vom nächsten Tag nach HCMC und Phuket (Thailand) einchecken, als wir bemerken, dass gleich beide gestrichen wurden. Natürlich haben wir die Situation in den letzten Wochen intensiv mitverfolgt und uns auch über die Schweizer Situation auf dem Laufenden gehalten, aber dies kommt doch sehr überraschend. Zudem erfahren wir auch noch, dass der Bundesrat alle Bürger zur Rückkehr auffordert. Nach einem kurzen Telefonat mit der Reiseversicherung und anschliessender Abklärung mit unserem Reisebüro geht nun alles ganz schnell. Bereits am nächsten Tag können wir über Ho Chi Minh und Doha in die Schweiz zurück fliegen. Über 30 Stunden wird die Reise dauern.
Ein letztes romantisches Abendessen direkt am Strand geniessen wir gemeinsam und erinnern uns dabei an all die vielen wundervollen Momente unserer langen Reise. Etwas enttäuscht sind wir schon, dass nun so plötzlich alles vorüber ist und wir unsere letzte Reisedestination, Thailand, nicht besuchen können. So geht eine der abenteuerliche und erlebnisreiche Zeit etwas schneller als gedacht zu Ende, doch wir lassen es uns nicht nehmen und gönnen uns direkt vor der Abreise eine letzte Abkühlung im Meer. Schön wars!