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Borneo

Sarawak in Borneo

In weniger als zwei Stunden Flugzeit ab Kuala Lumpur erreichen wir die Stadt Kuching in Borneo. Die drittgrösste Insel der Welt, Borneo, ist in drei Teile gegliedert: der Osten gehört zu Indonesien, der Westen zu Malaysia und darin eingebettet ist das Sultanat Brunei, welches eigenständig ist. Wir bereisen nun den malaiischen Teil von Borneo und starte in Kuching. Das ist der Hauptort des Bezirkes Sarawak und wirkt auf uns wie eine kleine und verschlafene Stadt. Einige hohe Gebäude sehen wir aus dem Fenster unseres Taxis, welches uns in das Stadtzentrum zu unserer Unterkunft bringt. Keines der Hochhäuser ist aber mehr als 20 Stockwerke hoch und in der Regel in kleineren Gebäuden eingebettet, die oft nur zwei Etagen haben. Zudem sind viele Bäume in die Stadt integriert, die in kleinen Parks, Flussufern oder auch in den riesigen Kreiseln das Stadtbild prägen. Der Fahrer erzählt uns, dass es normalerweise in Kuching nicht so heiss wird, da die vielen Bäume für Schatten sorgen und sich die Betonbauten so nicht zu stark aufheizen. Zudem grenzt die Stadt an die Mangroven, die als natürliche Pufferzone gegen Umwelteinflüsse von Norden, also vom Meer her kommen und im Süden liegen viele tausend Quadratkilometer Regenwald. Mitten durch die Stadt fliesst zudem ein Fluss, der im Meer endet und von den Gezeiten stark geprägt ist. Die Promenaden an den beiden Ufern sind als Parkanlagen ausgebaut und sind besonders Abends ein lebendiger Ort für Kultur, Essen und Entspannung, wie wir bei unserem abendlichen Spaziergang sehen können. Dabei können wir auch die lokalen Fischer beobachten, die hier teilweise mit 8 Angelruten gleichzeitig auf Shrimps angeln. Beim Zusehen fällt uns aber auf, dass wohl nicht jeder der ehrgeizigen Fischer auf den Fangerfolg angewiesen ist und sich stattdessen lieber mit den vielen Passanten und den Kollegen nebenan unterhalten. Wir können es nicht lassen und gönnen uns den Spass auf die zuckenden Ruten zu deuten und die kurzerhand aufkommende Hektik von unserer Sitzbank aus zu beobachten.

Für unseren ersten ganzen Tag in Kuching haben wir uns etwas Besonderes vorgenommen. Wir wollen unbedingt die Orang-Utans sehen, für die Borneo so bekannt ist. Aus unseren Recherchen wissen wir, dass sowohl in Sarawak, wie auch in Sabah (dem zweiten Bezirk auf Borneo) Auffangstationen und Wildlife-Centers die Chance bieten, die Tiere zu sehen. Hier in Sarawak gibt es eine Wildlife Sanctuary, indem die Orang-Utans frei leben können und lediglich an einem ausgewählten Standort gefüttert werden. In den Monaten, in denen die Bäume im Dschungel Früchte tragen, kommen die Tiere sehr selten an die Futterplätze. Glücklicherweise ist diese Zeit aber gerade durch und so hoffen wir auf einige, oder zumindest eine Sichtung, während wir im Taxi zum 45 Minuten entfernten Regenwald fahren. Da die Malaien gemäss eigener Aussage nicht gerne laufen, hat es am Parkeingang Elektrobusse, die die Besucher an die 1,5km entfernten Futterplätze fahren. Damit ihnen auf der Fahrt nicht langweilig wird, haben wir uns entschieden, zu laufen. Die vorbeifahrenden Busse mit den Touristen amüsieren sich sichtlich ab dem schwitzenden Schweizer-Pärchen, welches genau pünktlich zur Fütterung vor Ort eintrifft.

Anscheinend haben wir heute Glück! Bereits vor dem eigentlichen Futterplatz haben die Park-Ranger zwei der Tiere ausgemacht und erzählen uns, dass heute Morgen bereits ein Muttertier mit einem Baby hier gewesen ist. Sie erklären uns weiter, dass das riesige, aber freundlich blickende Männchen vor uns sozusagen der CEO des Waldes ist und er hier das Sagen hat. Das andere Männchen, welches mittlerweile über unseren Köpfen zum nächsten Baum klettert um dem Big Boss aus dem Weg zu gehen, ist ein 14 jähriges, ziemlich aggressives Tier, welches wohl in den nächsten Jahren zum neuen Chef werden wird. Für uns macht das muntere Tier aber kaum Anstalten, dass er aggressiv ist und lässt sich gemütlich von einem Baum hinunterhängen, wo ein Ranger ihm mehrere Bananenbünde und eine Kokosnuss zuwirft, welche das Tier geschickt auffängt. Die Rangers erzählen den rund 20 Besuchern unterdessen, dass in diesem Wildlife-Areal Orang-Utans bereits seit den 70er Jahren aufgenommen und geschützt werden. Begrenzt wird das Waldgebiet mittlerweile von der Stadt und den menschlichen Siedlungen, welche sich rund um das Gebiet entwickelt haben. Obschon es einen  direkten Anschluss an den 8’000 Quadratkilometer grossen Dschungel hinter dem Park gibt und sich die Tiere wie bereits erwähnt frei bewegen können, scheinen die Orang-Utans in dem besagten Gebiet zu bleiben. Aktuell leben ca. 28 Orang-Utans in dieser Umgebung und laufend werden neue Babys geboren, wobei nicht immer alle überleben. Orang-Utans sind leider vom Aussterben bedroht, dies vor allem aufgrund des Lebensraumverlustes und der Jagd, und es gibt sie nur noch an wenigen Orten in Borneo, Sumatra und Indonesien. Umso beeindruckender ist es für uns nun, diese Tiere ‘semi-wild’ zu beobachten.

An der Hauptfutterstelle, die etwas weiter im Dschungel liegt, hat sich eigentlich noch nicht viel getan (die Ranger kommunizieren per Funk und teilen dies den Besuchern mit). Kurz vor der Schliessung des Parks wird aber gemeldet, dass nun ein Tier dort zu beobachten ist und so finden wir uns umgehend hier ein. Bei unserer Ankunft staunen wir nicht schlecht, als wir zwei junge Orang-Utans und eine Mutter mit Baby in den Bäumen sehen können. Wir beobachten die Tiere von Weitem solange es geht, denn der Park hat strikte Besuchszeiten. Jeweils während zwei Stunden am Morgen und am Nachmittag können sich Menschen hier aufhalten und müssen danach wieder gehen. Wenn morgens kein Tier erscheint, so ist das Ticket für CHF 2.- auch am Nachmittag noch gültig.

Das Erlebnis mit den braun-orangen Menschenaffen hat uns Lust auf mehr gemacht und so erkundigen wir uns bei vielen Einheimischen, dem Hotel und auch sonst überall, wo in Borneo Tiere in der Wildnis beobachtet werden können. Das Ergebnis unserer Recherchen ist aber ernüchternd. Ausser den Namen von zwei Nationalparks, die wir bereits in den Reiseführern und Blogs gelesen haben, ist es kaum möglich, Touren oder ähnliches zu buchen. Auch über diese beiden Orte wissen die meisten lokalen Leute kaum etwas zu erzählen und zucken mehrheitlich mit den Schultern, wenn wir nachfragen. Für uns ist dies aber kein Problem, denn Kuching haben wir als Start unserer Borneoreise gewählt, weil es in unmittelbarer Nähe zum Bako Nationalpark liegt. Dieser Nationalpark ist eigentlich eine Art Insel, die mit dem Festland verbunden ist, jedoch nur mit dem Boot erreicht werden kann. Relativ umständlich schaffen wir es zum Glück, ein Zimmer in der einzigen Unterkunft auf der Insel für den nächsten Tag zu buchen. Wir lassen den heutigen Tag mit einer weiteren Stadterkundung von Kuching mit seiner tollen Streetart, wie wir erstaunt feststellen und einem Besuch im soeben neu eröffneten Borneo Cultures Museum ausklingen.

Am nächsten Tag begeben wir uns zum Terminal des Nationalparks und buchen zusammen mit anderen Touristen ein Boot. Damit wir auch Tiere finden, engagieren wir einen lokalen Guide, der wie viele andere seiner Berufskollegen am Terminal auf Kundschaft wartet. Er bringt uns sogleich zum Boot und beginnt mit einigen Infos zu sich selbst. Anscheinend haben wir eine perfekte Wahl getroffen, den Raiman ist Wissenschaftler und untersucht seit Jahren die Tierwelt und besonders die Schlangen von Borneo. Von den 175 verschiedenen Arten, die aktuell vor Ort bekannt sind, hat er bereits über 90 selbst gefunden und fotografiert diese für Studien. Er zeigt uns einige seiner Bilder und wir staunen sehr. Die Fotos sehen aus wie die Coverbilder von National Geographic oder anderen renommierten Zeitschriften. Wow. Was für ein Glücksfall denken wir noch, während wir in der Unterkunft ankommen und er bereits in den ersten Minuten in einem Busch eines seiner begehrten Lebewesen entdeckt.

Nachdem wir unseren bescheidenen Raum bezogen haben, laufen wir umgehend los mit dem Ziel, die Nasenaffen zu finden, welche es nur auf Borneo gibt. Bis vor zwei Wochen hat der Monsun noch heftigen Regen in der Region verursacht und so ist es gemäss Raiman schwierig, die Tiere zu finden. Besonders die Schlangen sind noch nicht so zahlreich anzutreffen, wie es sonst üblich ist und so konzentrieren wir uns erst einmal auf die Affen. Bereits in der Nähe der Unterkunft finden wir die ersten Primaten. Eine grosse Gruppe von Silver Leaf Monkeys machen wir in den Büschen und Bäumen rund um uns herum aus. Die Affen sind klein und haben ein graues Fell und auf dem Rücken einen silbernen Streifen. Das kleine Baby auf dem Arm einer Affenmutter hingegen leuchtet in hellem orange auf. Es wird davon ausgegangen, dass die Farbe der Affenmutter helfen soll, das Baby jederzeit wieder zu finden, wenn sie den Wald erkunden.

Nachdem wir auf unserer Wanderung ausser Insekten und einem abgelegenen Strand keine weiteren Tiere mehr finden können, kehren wir zurück zu unserem Ausgangspunkt, um in der anderen Richtung weitere Erkundungen zu unternehmen. Soweit kommt es aber garn nicht, denn mitten in der Unterkunft entdecken wir zwei Nasenaffen hoch oben in den Bäumen! Die beiden menschenähnlichen Tiere sitzen regungslos da und scheinen zu schlafen. Dieses Verhalten zeigen sie oft an heissen Tagen wie heute, um Energie zu sparen und vor allem durch Bewegungen nicht noch heisser zu werden. An fast der selben Stelle sehen wir die beiden später nochmals wieder und können sie beim umherziehen in den Baumwipfeln beobachten.

Beim Erkunden der nahegelegenen Sumpfgebiete lässt Raiman seinen Rucksack plötzlich fallen und sucht ab Boden nach einem winzigen Tier. Er hat einen der kleinsten Frösche der Welt, eine Sticky Frog, direkt auf unserem Weg entdeckt und versucht diesen nun für uns auf eine Wurzel zu leiten. Mit viel Geschick und etwas improvisiertem Fotoequipment lichten wir den kleinen Kerl ab, bevor er im Wald verschwindet. Der kleine Frosch ist höchstens so gross wie ein Fingernagel!

Auf der Nachtwanderung wird unsere kleine Gruppe gleich von drei Guides begleitet. Wie sie uns angeben, wissen sie bereits, wo Schlangen zu finden sind, denn besonders die Borneo Viper ist sehr standorttreu. Nicht einmal für Futter verlassen sie ihren Baum und warten stattessen darauf, dass das Essen zu ihnen kommt. Neben Schlangen, Kakerlaken, riesigen Insekten und einem Skorpion entdecken die Guides auch ein weiteres besonderes Tier. In einem Gebüsch leuchten die Augen einer kleinen indonesischen Schleichkatze, eine Palm Civet, die wir bereits aus Bali kennen (Luwak Kaffee). Nur für einige Augenblicke sehen wir den ganzen Körper des Tieres, bevor er mit einem Rascheln durch die Büsche verschwindet.

Auf dem Weg zur Steganlage, um die Glühwürmchen funkeln zu sehen, kommen wir an drei grösseren Tieren vorbei, die unsere Aufmerksamkeit sofort auf sich ziehen. Drei Bart-Wildschweine neben einem der Gebäude suhlen sich gemütlich in einem Schlammloch und suchen in der Wiese nach Futter. Ein lustiger Anblick bietet sich uns hier und die Tiere sind anscheinend bereits so stark an Menschen gewohnt, dass wir sehr nahe herankommen um einige Fotos zu schiessen. Die Schweine begrüssen uns auch am Morgen nach unserer Wanderung direkt vor unserem Zimmer und lassen sich auch tagsüber nicht von unseren Fotoapparaten beirren.

Um nochmals die Gegend im Nationalpark zu erkunden, machen wir eine weitere kleine Wanderung ohne Guide. Raiman hat uns am Vortag eine Route empfohlen, die ca. 4 Stunden dauert und ideal ist, um später mit dem Boot zurück in die Stadt zu gelangen. Unsere Route führt uns einen kleinen Hügel hinauf auf dem wir die lange gesuchten Pidger-Pflanzen endlich finden. Diese haben wir bereits bei anderen Wanderungen vergebens gesucht und hier finden wir sie zu hunderten an den Sträuchern um uns herum. Was für ein Anblick!

Der teilweise geflutete Weg führt uns über beplankte Stege, Wurzel-Labyrinthe und durch einen kleinen Fluss, bis wir auf einem Aussichtspunkt ankommen, der direkt über einem abgelegenen Strand liegt. Wir haben die Zeit im Bako Nationalpark sehr genossen und schätzen uns glücklich, dass wir so viele einmalige Tierbegegnungen und Naturerlebnisse sammeln durften.